„Weihnachten ist eigentlich nur schön mit Kindern“, behauptet jemand. Ich horche auf. Stimmt das denn? Delegieren wir die eigene Sehnsucht nach dem Staunen, dem Geheimnisvollen, dem Empfänglichen an die Kinder?

Trauen wir uns das nicht mehr zu? Missbrauchen wir sie sogar für das, was wir uns nicht mehr erlauben? Dabei sind wir umgeben von Unbegreiflichem. Ist nicht jeder neue Atemzug ein geheimnisvolles Wunder, das wir nicht verstehen? Ist es nicht ein Wunder, wenn sich nach dem Winter ein Blütenmeer entfaltet? Ich habe es noch nie begriffen – aber ich kann empfänglich für das Staunen sein.

Weihnachten ist ein Lichterfest. Gerade in der dunklen Jahreszeit tun uns die Lichter gut, mit denen die Häuser geschmückt sind. Der Körper geht physiologisch in seinen regenerativen Winterschlaf, den wir in unseren Aktivitäten kaum bemerken.
Wenn es dunkel wird, möchte man sich am liebsten am warmen Ofen in eine Decke kuscheln, eine Kerze anzünden und bei einem warmen Tee die Seele baumeln lassen. Denn diese Dunkelheit und Ruhe ist ein Segen für die Seele, in der sie Altes in Liebe loslassen kann, und aus der sie Kraft schöpft für die aktive Zeit des aufsteigenden Lichts.

Lichterfeste in der dunklen Zeit sind universal
Lichterfeste findet man in der dunklen Jahreszeit neben Weihnachten in mehreren Kulturen: Diwali in Indien, Chanukka bei den Juden, Loi Krathong in Thailand. Die Wintersonnenwende am 21. Dezember wurde von den alten Völkern, den Kelten, im Mithraskult, den Inkas (allerdings zur Wintersonnenwende auf der Südhalbkugel), oder den Germanen (Jul) mit Feuern und Lichtern gefeiert. Danach begannen die 12 Rauhnächte, in denen Frau Holle (die germanische Freya), die normalerweise den Fleiß liebt, den Menschen Ruhe empfahl, um sich auf ihr inneres Wesen zu besinnen. Auch heute haben viele Firmen ab Weihnachten geschlossen, viele Menschen machen Urlaub, bis nach der ersten Januarwoche das Treiben wieder beginnt.

Lichterfeste für die Seele
Lichterfeste in der dunklen Jahreszeit sind also global und archaisch. Sie haben eine seelische Bedeutung. Viele Menschen wollen heute nicht mehr Weihnachten feiern, weil sie den Kommerz ablehnen und/oder sich mit der rein christlichen Interpretation nicht mehr identifizieren können. Das ist aus dieser Perspektive nachvollziehbar.

Dazu habe ich diesen Vorschlag: Feiert euer eigenes Lichterfest, füllt es mit eigener Bedeutung und Sinn – aber feiert und lasst euch berühren von dieser so magischen Zeit in Kreislauf der Erde.

Und was soll das mit den Geschenken?
Immer wieder höre ich „Wir schenken uns nichts mehr.“ Für die meisten ist das eine Reaktion auf den exzessiven Geschenkestress und die scheinbare Verpflichtung, etwas zu schenken, was möglichst noch den gleichen Wert hat wie das Geschenk des anderen. Die überteuerten Geschenke, die sich daraus entwickelt haben und die Kommerzialisierung hat für viele nichts mehr mit Weihnachten zu tun. Verständlich. Aus einer anderen Perspektive betrachtet bringt es mich allerdings zum Kichern, wie wir es schaffen, selbst die romantischsten Dinge in Stress zu verwandeln.

Denn Geschenke sind eine Metapher, eine Symbolik, die Dank ausdrücken soll. Am Ende eines Zyklus des Erdenkreises ist es nur natürlich, dankend auf das Jahr seit der letzten Wintersonnenwende zurückzublicken. Der Dank gilt zuerst uns selbst, für unser konstruktives Engagement, für die Liebe, mit der wir unsere Beiträge geleistet haben, für die menschlichen Begegnungen und Beziehungen. Das mit einem gefühlten Kompliment an sich selbst zu würdigen, ist schon ein großartiges Geschenk.
Auch unser Umfeld hat uns im letzten Jahreskreislauf etwas gegeben – die Familie, Freunde, Nachbarn, Kollegen – sogar Fremde. Unsere Geschenke können symbolisch einen Dank an sie ausdrücken. Nicht die Größe der Geschenke ist entscheidend, sondern die Geste.
Und der Kommerz? Ja, er profitiert von dem Weihnachtsbrauch und nutzt ihn ausgiebig. Dabei bemüht er sich jedoch, die dunkle Jahreszeit mit vielen Lichtern und glänzenden Dekorationen für uns romantisch zu gestalten. Unzählige zauberhafte Weihnachtsmärkte sind in den letzten Jahren entstanden. Ja, das alles kurbelt die Wirtschaft an. Es schafft Jobs - für viele Menschen ein Segen.

Mit dem Empfangen von Geschenken haben viele allerdings erst richtig Stress. Gequält erleben sie die Schenkerei als Belastung, als lästige Pflicht und können sich nicht darüber freuen. Zugegeben, ein Geschenk zu erhalten, was nicht von Herzen, sondern aus Pflichtgefühl gegeben wurde, ist auch nicht leicht zu empfangen.

Trotzdem empfehle ich, es mal so zu probieren: Macht euch gefühlsmäßig empfänglich für Geschenke – dann kommen sie da an, wo sie hingehören – im Herzen. Dann sind sie eine schöne, nährende Geste.

In diesem Sinne wünsche ich
eine stets zauberhafte Weihnachtszeit.

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